Der perfekte jackensaum
Am Saum eines professionell angefertigten Blazers hat das Futter etwas Überlänge (zur Veranschaulichung habe ich hier das Futter nach oben geschlagen und mit einer Nadel fixiert).
Alle Nähte liegen auf der Innenseite.
1 Nahtzugaben am Saum
Die Nahtzugabe des Vorderteils sollte am Saum 4 cm betragen. Das Vorderteil kann in eurem Projekt in beliebig viele Teile geschnitten sein – was für die Nahtzugabe keinen Unterschied macht. Um Verwirrungen zu vermeiden: bei alle anderen Nähten sind im Bild unten keine Nahtzugaben angezeichnet – diese habe ich später beim Zuschneiden des Stoffes berücksichtigt.
Nahtzugaben am Vorderteil in der Theorie links und Praxis rechts.
In meinem Projekt besteht das Vorderteil aus 3 Schnittteilen.
So weit so leicht. Der spannende Teil ist das Futter auf der Innenseite der Jacke. Dieses schließt aber nicht bündig mit der vorderen Kante der Jacke ab – in der Regel hat man hier einen Besatz, der aus dem gleichen Material wie der Außenstoff der Jacke gefertigt wird.
Nahtzugaben an Futter und Besatz in der Theorie links und Praxis rechts.
Punkte 1 und 2 markieren Knipse, die beim Zusam-mennähen von Besatz und Futter aufeinander treffen müssen.
Die Überlänge des Futters wird ein-gehalten.
Am Besatz haben wir am Saum eine Nahtzugabe von 4 cm. Die Nahtzugabe des Futters beträgt an allen Schnittteilen außer dem hier gezeigten Vorderteil nur 1.5 cm. Am Vorderteil des Futters hat die Nahtzugabe einen geschwungenen Verlauf zwischen 5 cm Zugabe am Übergang zum Besatz und 1.5 cm am Übergang zum Rückenteil. Die 1.5 cm erklären sich leicht, da ja das restliche Futter mit 1.5 cm Nahtzugabe geschnitten wird – somit ergibt sich ein sauberer Übergang zum Rückenteil. Man wählt eine Länge von 5 cm statt 4 cm am Übergang zum Besatz, um ein klein wenig mehr Länge in das Futter einzuarbeiten, damit es später nicht am Revers zieht. Wie näht man nun die beiden Teile richtig zusammen? Natürlich müssen alle Kanten sowie der Knips an Position 2 aufeinandertreffen! Das bedeutet, dass die Mehrlänge des Futters auf der Strecke zwischen dem Saum und Knips 2 eingearbeitet wird. Höchstwahrscheinlich gibt es in eurem Schnitt keinen Knips/Markierung so wie hier eingezeichnet – das ist aber kein Problem! Ihr könnt diesen Punkt einfach selbst im Schnitt ca. auf Brusthöhe einzeichnen. Wichtig ist dabei, dass die Strecken zwischen Punkt 1 und 2 an beiden Schnittteilen genau gleich lang sind! Man kann den Punkt zuerst auf einem der beiden Teile setzen und dann das andere Teil an der Kante Stück für Stück anlegen bzw. abrollen, um die richtige Position zu ermitteln.
2 Den Saum nähen
Außenteil und Innenteil der Jacke werden unabhängig voneinander zusammengenäht. Beim Zusammenfügen der Jacke mit ihrem Innenleben gibt es natürlich viele verschiedene Möglichkeiten, in der Regel schließt man aber den Saum zuletzt. Dabei darf natürlich die Wendeöffnung nicht vergessen werden – in der Regel befindet sich diese im Futter einer der beiden Ärmel. Ganz wichtig ist auch, dass der Saum in den Oberstoff der Jacke eingebügelt wird, bevor man Oberstoff und Innenleben zusammennäht!
Verlauf der Naht am Saum. Links der fertige Saum an der rechten unteren Jackenkante, rechts die gleiche Jackenkante “von innen” gesehen. Wir sehen die linke Seite des Außenstoffs (Oberstoffs)- das Innenleben (Besatz + Futter) befindet sich auf der Unterseite, die schwarz gestrichelte Linie am rechten Rand kennzeichnet die Naht der vorderen Kante der Jacke. Diese Kante wird genäht bevor der Saum geschlossen wird.
In der Abbildung seht ihr rechts das Innenleben der unteren Kante des Vorderteils. Außenteil und Innenteil wurden bereits an der vorderen Kante zusammengenäht (schwarze gestrichelte Linie an der rechten Seite), aber der Saum ist noch offen (die rechten Stoffseiten liegen also innen). Die feine weiße horizontale Linie markiert die Bügelfalte des Saums, die jetzt beim Zusammennähen der Orientierung dient.
Obzwar die Nahtzugabe des Futters einen ungewöhnlichen Verlauf hat, wird beim Zusammennähen des Saums Futter und Außenstoff immer kantig aufeinander gelegt! Beginnend an der vorderen Kante näht man erst ein paar Zentimeter lang nicht direkt auf dem Saum, sondern ein zwei Millimeter unterhalb der Saumlinie (die rot gestrichelte Linie). Das ist wirklich wichtig, damit die Jacke am Ende nicht im Bereich des Besatzes leicht kürzer ausfällt (ein Fehler, den ich häufig gemacht habe und welcher insbesondere bei schwereren Stoffen stärker auffällt). Die eingeschlagene Nahtzugabe der vorderen Kante wird dabei einfach mit gefasst. Dann näht man einen Bogen (dessen genaue Form wirklich egal ist) um damit allmählich die gewohnte Nahtzugabe von 1.5 cm zu erreichen. Dann einfach mit 1.5 cm Nahtzugabe den gesamten Saum schließen und an der vorderen Kante der anderen Jackenseite spiegelbildlich genau das gleiche Manöver ausführen. Und fertig!
Verlauf der Naht am Saum. Hier noch eine Ansicht der Saumnaht, einmal von der linken Seite des Oberstoffs aus gesehen (links) und einmal von der Seite des Futters aus gesehen (rechts).
Durch den speziellen Verlauf der Naht haben wir jetzt an der äußeren Ecke sehr viel Nahtzugabe. Diese sollte man unbedingt großzügig zurückschneiden, bevor man die Jacke wendet. Und hier mein Ergebnis nach Wenden und Bügeln ☺️
